3. Tor Untergang

3. Tor Untergang

Gib den Kampf auf. Lass dich mit dem Strudel nach unten ziehen, leiste keinen Widerstand. Verabschiede dich endgültig von deiner Jugend und deinem jugendlichen Weltbild. Was du nicht mehr brauchst, wird dir genommen werden. Das befreit.

Elisabeth (52)

Knochenknirschen

Meine Gelenke tun mir so weh – Schultern, Ellbogen, Hüfte, Knie! Ich glaube, es gibt einen Zusammenhang mit den permanent aufflammenden Auseinandersetzungen mit meinem Chef. Es fällt mir so schwer, mich von meinem Unterwerfungsverhalten zu lösen; extrem ausgedrückt, das hat sozusagen mein ganzes Dasein bestimmt. Immer holen sich Männer sich bei mir Energie, freiwillig oder unfreiwillig. Meine Pflicht seit Tochters Zeiten. Das Verbot, das Badezimmer abzuschließen, damit, wenn Er reinwill, ich sofort rausgehen muss. Ein Nein wird niedergekämpft, sofort bestraft, gebrüllt, geschlagen. Es gibt so viele Möglichkeiten, mich zu diesem ständig gebenden, ungeschützten Wesen zu machen und – Er nutzte sie alle.
Mein Chef spielt noch mal die gleiche Geige: eine wirkungsvolle Mischung aus Verständnis (ich bin immer so begeistert und dankbar, wenn sich mal ein Mann wirklich auf mich als Mensch einlässt, obwohl ich das bei Männern ständig tue, zuhören, mitdenken, nachfragen), erotischer Schmeichelei und Druck – subtil oder offen (du wirst doch mit anderen nicht darüber sprechen!), väterliche Unterstützung (ich helfe dir doch gerne)- aber keine Chance auf eine echte Beziehung, denn da ist ja seine Frau, die er niemals verlassen wird – und das streitet er dann auch noch empört ab!
Es hat viele Jahre gedauert, bis sie mich dressiert hatten zu dieser netten, fröhlichen Frau, die intelligent und aufmerksam den Männern lauscht, sie bestätigt und natürlich auch von ihnen lernt…und die sich nicht findet zwischen all den bedeutungsvollen Worten. Natürlich hat sich schon vieles verändert und mit vielen Männern lasse ich mich gar nicht mehr auf Gespräche/Kontakt ein. Auch vertraue ich meinen Gefühlen viel mehr. Aber dennoch ist er seit zweieinhalb Jahre mein Chef und ich könnte die Wände hochgehen. Im Moment würde ich ihn am liebsten nie mehr wieder sehen. Ich habe ihm viel zu viel von mir gegeben, erzählt, gezeigt. Er hat sich viel zu viel genommen und ich habe das zugelassen, ja, war aktiv daran beteiligt. Kein Wunder, dass es knirscht im Gebälk, bzw. in meinen Gelenken. Das geht nicht mehr so weiter, ich muss mich in Sicherheit bringen.

Fasten

Mein Arzt sagt, ich solle fasten, 10 Tage vielleicht und nach dem 4. oder 5. Tag würde es mir besser gehen. Dazu literweise Wasser und Brennesseltee, Gemüsebrühe.
Obwohl ich schon öfters gefastet habe (längstens 3 Tage ), hat mich das nie so begeistert wie andere Leute. Aber wenn er sagt, dass es nicht anders geht, also dann, o.k.
Ohne darüber zu lesen, höre ich also auf zu essen, führe ab und ergebe mich den körperlichen Reaktionen heftigster Art. Übelkeit, Kreislaufzusammenbruch, Schweißausbrüche, unruhige Nächte, krank eben, im Bett liegen und nicht mal lesen können. Später wird es besser, aber ich fühle mich langsam und sehr schwach. Ich gehe arbeiten, damit ich die Zeit besser überstehe. Ansonsten bin ich mit mir und meinen Gefühlen beschäftigt. Und der Frage, wie ich in zehn Jahren leben will.

Inflammata

Meine Seele brennt in einem Fegefeuer von hochdrängenden Erinnerungen. Der Abschied von den Vätern kostet seinen Preis, will ein Opfer. Was ich opfern muss, ist die Verdrängung all der schweren Gefühle, die mich dieser Anpassungsprozess gekostet haben. Die Tränen in meinem Jugendbett gegen die Wand geweint. Der Schmerz der Erinnerung ist in den Gelenken gespeichert, diese alte Wut, das Aufbäumen und wieder zu Boden gedrückt werden, die Scham des Opfers. Und mit der neuen Bewerbung entflammt mein alter innerer Dialog, die internalisierte Stimme, die, von der ich mich eigentlich doch schon gelöst habe: “Das darfst du nicht… das kannst du nicht.. lass es sein, sonst..“…und das quillt hoch, dringt ins Blut, verursacht Kopfschmerzen. Das Gift wirkt erneut, macht Schmerzen und heftigen Durst auf Erlösung.
Aber ich weiß auch, wie ich es wieder loswerden kann: ausscheiden, viel, viel trinken, Brennnesseltee, viel Tee. Und den Körper abreiben mit einem harten Handschuh und mit Seife einreiben, abduschen und danach in ein Kaiser Natron Bad, etwa zwanzig Minuten. Die Poren öffnen, ausscheiden, ausleiten. Die Schmerzen kommen und gehen. Ich muss gegen die Panik angehen, dass etwas Schlimmes, Unwiderrufliches mit mir passiert. Ich vertraue darauf, es wird nach dem Reinigungsprozess viel besser sein!

Willkommen Unwillkommenes!

Schmerzen in den Gelenken sind meine ständigen Begleiter. Es hat sich durch das Fasten nur kurzfristig verbessert. Und kaum fange ich wieder an zu arbeiten, leide ich richtige Höllenqualen.
Mein Arzt verschreibt mir Bakterien, die das Immunsystem veranlassen, sich umzupolen, sich nicht mehr gegen mich selbst zu richten und zu reagieren.
Es ist mit einer Erstverschlimmerung von 2-3 Tagen zu rechnen. Die Alternative Rheumaklinik ist keine für mich.
Immununterdrückende Medikamente will ich nicht nehmen, was würde das schon nützen für meine wirkliche Veränderung?
Ich werde meine Haltung den Dingen gegenüber ändern, durch den Alltag nicht reißen sondern schwimmen. Nichts verändern, nichts verbessern sondern annehmen: an die Situation hingeben
Willkommen Unwillkommenes! Aufgabe: Innerlich notieren, wann Widerstand entsteht, wann ich hart werde. Ich will lernen, dass ich mich nicht verfange, sondern dass die Dinge durch mich hindurchgehen. Das ist wahrer Pazifismus im Alltag!